Einstellungen von Jungen und Mädchen zur Elternarbeit

Es gibt vier gute Gründe, Schülerinnen und Schüler in die Kooperation ihrer Eltern und Lehrkräfte einzubeziehen:

  • Bei aller Elternarbeit muss es letztlich um die Schüler, um ihre Leistungen und um ihre Persön­lichkeits­entwicklung gehen.
  • Es widerspricht dem Erziehungsziel des mündigen jungen Menschen, wenn Eltern und Lehrkräfte über die Schüler hinweg kooperieren – und sei es auch in bester Absicht.
  • Jedes Bemühen um Optimierung der Elternarbeit läuft Gefahr, die Ungleichheit der Bildungschancen zu vergrößern. Unmittelbar bei den Schülern anzu­setzen, ist eine Möglichkeit, dem gegenzusteuern.
  • Erwachsenenzentrierte Elternarbeit läuft Gefahr, an der geringen Akzeptanz der Schüler zu scheitern.

Edward & Alldred (2000) haben sechs Typen der Haltung identifiziert, welche Schüler und Schülerinnen zur Kooperation ihrer Eltern und Lehrkräfte einnehmen können:

„Schüler können eine intensive Beziehung zwischen ihren Eltern und Lehrkräften aktiv unterstützen (Typ 1) oder hintertreiben und sabotie­ren (Typ 2). Sie können eine schwache oder fehlende Beziehung ausdrück­lich billigen (Typ 3) oder auf ihre Verbesserung hinarbeiten (Typ 4). Und sie können eine intensive Beziehung passiv hinnehmen (Typ 5) oder ei­ner schwachen oder fehlenden Beziehung gleichgültig gegenüberstehen (Typ 6).“ (Sacher 2009, S.28)

Mädchen – zumal in der Primarstufe - neigen mehr als Jungen dazu, das Engagement ihrer Eltern für ihre Schulbildung zu unterstützen, haben also häufiger eine Einstellung vom Typ 1 oder 4. Jungen (Desforges & Abouchaar 2003, S.48)

Auch die Daten der Ausgangserhebung zum bayerischen Modellprojekt „Vertrauen in Partnerschaft II“ zeigen, dass Mädchen häufiger als Jungen die Kooperation ihrer Eltern und Lehrkräfte unterstützen und seltener dieser aktiv entgegenarbeiten oder ihr gleichgültig gegenüberstehen. Doch sind diese Unterschiede in der Grundschule sehr viel stärker ausgeprägt als in der Sekundarstufe (*):

 

 

Die Daten belegen allerdings ebenso, dass „auch Grundschüler und Grundschülerinnen schon mehrheitlich nicht (wünschen; W. S.), dass ihre Lehrkräfte allzu viele Informationen über ihre häusliche Umgebung und ihre außerschulischen Aktivitäten erhalten und dass ihre Eltern Hilfeleistungen erbringen, die mit regelmäßiger Präsenz in der Schule oder auf dem Schulweg verbunden sind, und die Hälfte der Schülerinnen und Schüler möchte ihre Angelegenheiten in der Schule alleine regeln.“ (Sacher 2008, S.7f.)

Bei den Sekundarschülern ist die Akzeptanz des schulischen Engagements der Eltern deutlich geringer als bei Grundschülern: „Der Informationsaustausch zwischen Schule und Elternhaus wird skeptischer verfolgt, insbesondere Informationen über die häusliche Umgebung und die außerschulischen Aktivitäten stoßen auf entschiedene Ablehnung. Auch für Hilfeleistungen der Eltern in der Schule gibt es eine breite Ablehnungsfront. Nur noch für die Mitwirkung der Eltern bei Festen und Feiern gibt es eine schwache Mehrheit. Auch die Befürchtungen der Schüler, durch Gespräche zwischen ihren Eltern und Lehrkräften unter Druck zu geraten, sind stärker ausgeprägt, wobei das Grundvertrauen, dass beide Seiten letztlich ihr Wohl im Auge haben, bei den meisten Sekundarschülern durchaus noch besteht. Bemerkenswert ist, dass auch eine starke Mehrheit der Sekundarschüler nicht wünscht, dass sich ihre Eltern aus der Schule ganz heraushalten und es durchaus begrüßt, wenn ihre Eltern ihnen gemeinsam mit den Lehrkräften helfen, gute Leistungen zu erzielen, und wenn Eltern im Bedarfsfall als ihre Fürsprecher auftreten. … Auch der Selbstvertretungsanspruch der Sekundarschüler ist nur unwesentlich stärker ausgeprägt als derjenige der Grundschüler.

Wie in der Grundschule ist auch in den Sekundarschulen die Akzeptanz des schulischen Engagements der Eltern bei den Mädchen besser als bei den Jungen, wobei die Geschlechterdifferenzen jedoch deutlich kleiner sind.“ (Sacher 2008, S.11)

 

Ein Vergleich der Mittelwerte verdeutlicht, wie stark auf der Sekundarstufe die Geschlechterdifferenzen zurückgehen (Sacher 2008, S.10f.):

Legende:

  1. Die Eltern sollten sich aus der Schule heraushalten.
  2. Die Lehrer sollten sich für meine Familie interessieren.
  3. Eltern und Lehrer sollten mir gemeinsam helfen, gute Schulleistungen zu erzielen.
  4. Meine Lehrer sollten meine Eltern genau über alles informieren, was in der Schule passiert.
  5. Meine Eltern sollten meine Lehrer genau darüber informieren, wie ich zuhause bin.
  6. Ich wünsche mir, dass sich meine Eltern für alles interessieren, was ich in der Schule tue.
  7. Ich finde es gut, wenn meine Eltern und Lehrer engen Kontakt haben.
  8. Ich finde es gut, wenn sich die Lehrer nur dafür interessieren, wie ich in der Schule bin.
  9. Was meine Eltern über die Schule wissen müssen, erfahren sie sowieso von mir.
  10. Meine Lehrer müssen nicht alles wissen, was ich außerhalb der Schule tue.
  11. Ich möchte meine Angelegenheiten in der Schule mit meinen Lehrern alleine regeln.
  12. Wenn ich Probleme in der Schule habe, bin ich froh, wenn meine Eltern zu den Lehrern gehen
  13. Eltern sollten bei Projekten der Schule mithelfen.
  14. Eltern sollten bei Wandertagen und Ausflügen mithelfen.
  15. Eltern sollten bei Schulfesten und Schulfeiern mithelfen.
  16. Eltern sollten bei der Mittagsbetreuung in der Schule mithelfen.
  17. Eltern sollten bei der Nachmittagsbetreuung in der Schule mithelfen
  18. Eltern sollten bei der Beaufsichtigung von Hausaufgaben, die in der Schule gemacht werden können, mithelfen.
  19. Eltern sollten als Begleitperson im Schulbus mithelfen.
  20. Wenn meine Eltern und Lehrer miteinander reden, glaube ich, dass ich unter Druck gesetzt werde, mehr zu lernen.
  21. Wenn meine Eltern und Lehrer miteinander reden, glaube ich, dass ich unter Druck gesetzt werde, mich besser in der Schule zu verhalten.
  22. Wenn meine Eltern und Lehrer miteinander reden, glaube ich, dass meine Eltern bei den Lehrern ein Wort für mich einlegen.
  23. Wenn meine Eltern und Lehrer miteinander reden, glaube ich, dass sich die Lehrer bei meinen Eltern über mich beklagen.
  24. Wenn meine Eltern und Lehrer miteinander reden, glaube ich, dass sie gemeinsam für mein Wohlergehen in der Schule sorgen.