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Lehrerinnen und Lehrer als Erziehungs- und Bildungspartner von Eltern
Lehrerinnen und Lehrer nehmen teilweise eine recht unterschiedliche Haltung zu den Eltern ihrer Schülerinnen und Schüler ein: Im Allgemeinen sind weibliche Lehrkräfte mehr um gute Beziehungen zu den Eltern ihrer Schülerinnen und Schüler bemüht als ihre männlichen Kollegen. Die bayerische Repräsentativstudie zur Elternarbeit ergab: „Lehrerinnen schreiben häufiger individuelle Briefe an Eltern, rufen sie öfter an als männliche Lehrkräfte und holen öfter Feedback von den Eltern ein. Vor allem in der Grundschule bieten Lehrerinnen den Eltern häufiger Unterrichtshospitationen und Mitarbeit im Unterricht an, organisieren vermehrt Elternstammtische oder Elternkaffekränzchen und veranstalten öfter Ausstellungen von Schülerarbeiten. Lehrerinnen interessieren sich auch mehr für die häusliche Erziehung ihrer Schüler. Lehrer hingegen weisen die Ansicht, die Eltern ihrer Schüler wünschten, dass sie sich darauf beschränken, ihren Kindern etwas beizubringen, weniger deutlich zurück als ihre Kolleginnen. Und Grundschullehrerinnen lassen sich mehr von den Eltern ihrer Schüler helfen als ihre männlichen Kollegen. (Auf der Sekundarstufe wird von Lehrkräften generell nur noch wenig Elternhilfe in Anspruch genommen.)“ (Sacher 2008, S.252)
8,0% der Lehrerinnen, aber 14,2% der Lehrer sind froh, wenn sie nichts mit den Eltern ihrer Schülerinnen und Schüler zu tun haben, und 7,5% der Lehrerinnen, aber 13,3% der Lehrer interessieren sich nicht für die häusliche Erziehung ihrer Schülerinnen und Schüler (*).
Fast die Hälfte der weiblichen Lehrkräfte (48,4%) zählt zum kontaktfreudigeren Typ, der alle Arten von Kontakten intensiver pflegt. Bei den männlichen Kollegen ist es nur ein Drittel (33,1%). Dafür sind die Lehrer zu zwei Dritteln (66,9%) dem kontaktscheuen Typ zuzurechnen, der sich bei allen Kontakten zurückhält, während nur reichlich die Hälfte der Lehrerinnen (51,6%) diesem Typ angehört (*) .
Und dieses stärkere Engagement der Lehrerinnen zahlt sich aus: „Eltern haben zu Lehrerinnen in vieler Hinsicht ein besseres Verhältnis als zu Lehrern. Eltern nehmen die Atmosphäre günstiger wahr, wenn die Klassenlehrkraft bzw. der Klassenleiter eine Lehrerin ist. Eltern, welche Briefe an Lehrerinnen schreiben, berichten größeren Nutzen als jene, welche Briefe an männliche Lehrkräfte richten, und Eltern, welche Lehrerinnen anrufen, erfahren mehr Nutzeffekt als Eltern, die mit Lehrern telefonieren. In der Grundschule besuchen Eltern die Sprechstunden und Elternabende von Lehrerinnen häufiger als die von Lehrern, sie schreiben ihnen häufiger Briefe, führen häufiger spontane informelle Gespräche mit ihnen und rufen sie tendenziell auch öfter an. Auf der Sekundarstufe verschwinden diese Unterschiede allerdings wieder.“ (Sacher 2008, S.252)
Engagement der Eltern von Jungen und Mädchen in der Elternarbeit
Manche Befunde legen nahe, dass Eltern von Töchtern sich weniger in der Elternarbeit engagieren als Eltern von Söhnen: Eine amerikanische Längsschnittstudie von Crosnoe (2001, S.223) ergab, dass Eltern von Mädchen weniger an Eltern-Lehrer-Programmen und anderen außercurricularen Aktivitäten teilnehmen und weniger bei der Kurswahl helfen als Eltern von Jungen.
Henderson & Mapp allerdings betonen in ihrer Forschungsübersicht, das Geschlecht von Schülern beeinflusse des Engagement ihrer Eltern in der Elternarbeit nicht. (Henderson & Mapp 2002, S.36)
In der bayerischen Repräsentativ-Studie von 2004 und in der Ausgangserhebung von 2006 zum Modellprojekt „Vertrauen in Partnerschaft II“ fanden wir, „dass Eltern von Mädchen weniger Kontakte mit der Schule haben – und zwar sowohl formelle bei Sprechstunden, Sprechtagen, Elternabenden als auch informelle durch Telefonanrufe, Briefe, spontanes Ansprechen bei zufälligen Begegnungen und informellen Anlässen.“ (Sacher 2008, S.249) Eltern von Mädchen gehören häufiger zum ungünstigen Typ der „Schwachkontakter“, die überhaupt nur wenig Kontakt mit der Schule halten, und seltener zum optimalen Typ der „Mischkontakter“, welche sowohl Einzel- als auch Gruppenkontakte nutzen, „sie kooperieren in der Grundschule weniger hinsichtlich der zu vermittelnden Werte, des disziplinierten Verhaltens im Unterricht und der an die Kinder herangetragenen Leistungserwartungen, und sie wissen schlechter über die Leistungsanforderungen der Lehrkräfte Bescheid als Eltern von Jungen. (Auf der Sekundarstufe verschwinden diese Unterschiede infolge einer Nivellierung nach unten, d. h. alle Eltern kooperieren kaum noch und sind schlecht über die Leistungsanforderungen informiert.) Aus den Untersuchungen von Izzo & Weissberg (1999, S.830) und Crosnoe (2001, S.223) und aus unserer Vorerhebung von 2006 geht hervor, dass Eltern von Jungen die häusliche Lernarbeit ihrer Kinder mehr unterstützen und kontrollieren als Eltern von Mädchen – dies sogar besonders auf der Sekundarstufe.“ (Sacher 2008, S.249)
Manche Befunde gehen sicher z. T. darauf zurück, dass Jungen häufiger Verhaltens- und Leistungsprobleme in der Schule haben, welche Eltern veranlassen, aktiv zu werden und stärker mit den Lehrkräften zu kooperieren. Darauf deutet auch hin, „dass nach unserer Repräsentativbefragung von 2004 Eltern von Jungen von Lehrkräften häufiger flexible Sprechzeiten angeboten bekommen, öfter zu Zweier- oder Dreiergesprächen eingeladen bzw. vorgeladen werden und häufiger Briefe und Anrufe von Lehrkräften erhalten als Eltern von Mädchen. Zudem sprechen Eltern und Lehrkräfte bei Einzelkontakten mit Eltern von Jungen häufiger über Verhaltensstörungen, Disziplin und Gewaltprobleme, tendenziell auch häufiger über Hausaufgaben als mit Eltern von Mädchen. Auch ein Forschungsergebnis von Izzo & Weissberg (1999, S.830) gibt zu denken: Die Autoren fanden, dass Eltern von Jungen zwar mehr, aber zugleich auch weniger gute Kontakte zur Schule und zu den Lehrkräften haben als Eltern von Mädchen.“ (Sacher 2008, S.250)
Man kann allerdings auch nicht ganz ausschließen, „dass Eltern von Söhnen sich deshalb mehr für die Schule und für die Bildung ihrer Kinder engagieren, weil sie davon ausgehen, dass eine gute Ausbildung für Männer wichtiger ist als für Frauen. Solche veralteten Geschlechtsrollenstereotype finden sich bekanntlich häufiger in der Unterschicht. Ganz in Übereinstimmung damit fanden wir in unserer Repräsentativbefragung von 2004 denn auch, dass die Unterschiede des Engagements der Eltern von Söhnen und Töchtern mit zunehmendem Bildungsniveau der Eltern verschwinden – ein Ergebnis zu dem auch Högdin (2006) in einer späteren Untersuchung in Schweden kam. Die Forscherin fand außerdem, dass dieses Phänomen nur bei Immigranten, nicht aber bei der schwedischen Bevölkerung auftrat.
Lehrkräfte sollten also besonders bei Mädchen aus der Unterschicht und aus ‚bildungsfernen‘ Kreisen sowie bei Mädchen mit Migrationshintergrund ein waches Auge darauf haben, dass ihre Eltern sich angemessen für ihre Ausbildung und für die Schule interessieren und engagieren.“(Sacher 2008, S.250)