S. Seiler

Selbstverletzendes Verhalten bei Kindern und Jugendlichen hat in den vergangenen Jahren zugenommen (Hawton et al. 2003). In der Heidelberger Schulstudie (Brunner et al., 2007) zeigte sich, dass in der 9. Klasse (alle Schultypen) etwa 11% der 15-Jährigen angaben, sich gelegentlich selbst zu verletzen (z.B. durch Ritzen). Wiederholt selbstverletzendes Verhalten gaben etwa 4% der Befragten an, bei 14% von ihnen ging dies einher mit suizidalen Vorstellungen, etwa 8% aus dieser Gruppe gaben an, mindestens einen Suizidversuch begangen zu haben. Suizidale Ideen stehen in einem engen Zusammenhang mit selbstverletzendem Verhalten und werden von 2/3 aller Jugendlichen berichtet. Mit einem Geschlechterverhältnis von 2:1 zeigt sich eine Häufung selbstverletzender Verhaltensweisen bei Mädchen. Die Funktionalität solchen Verhaltens richtet sich in erster Linie auf die Affektregulation. Sie dient z. B. dem Abbau von emotionaler Erregung oder hilft beim Abbau dissoziativer Zustände. SVV hat auch appellativen Charakter: Es ist als Hilferuf zu verstehen oder wird im Rahmen der Beziehungsgestaltung als Druckmittel eingesetzt. SVV kann auch dem Abbau von Suiziddruck dienen. Zur Komorbidität mit psychischen Störungen ist festzuhalten, dass ein enger Zusammenhang zu bestimmten Störungen besteht: z. B. mit der Borderline-Persönlichkeitsstörung bzw. –akzentierung, Depression, Angst oder Delinquenz.

Suizide sind erst ab einem Altern von etwa 10 Jahren statistisch relevant und treten zunächst nur bei Mädchen auf. Ab etwa dem 11. Lebensjahr finden sich dann bei Jungen höhere Suizidraten als bei Mädchen, bis ins Erwachsenenalter verschiebt sich das Geschlechterverhältnis immer weiter zuungunsten der Männer. So suizidierten sich 2004 in Deutschland insgesamt 23 10-15-jährige Jugendliche (70% Jungen, 30% Mädchen), 219 15-20-Jährige (79% Jungen, 21% Mädchen) und 428 20-25-jährige junge Erwachsene (81% Männer, 19% Frauen). Entgegengesetzt zu den Prävalenzraten bei selbstverletzendem Verhalten treten Suizide daher vorwiegend bei Männern auf. Anders verhält es sich hinsichtlich der Suizidversuche, da Mädchen und Frauen wesentlich mehr Suizidversuche begehen als Männer.

 

 

Literatur

  • Brunner et al. (2007) Prevalence and psychological correlates of occasional and repetitive deliberate self-harm in adolescents. Arch Pediatr  Adolesc Med, 161, 641-9
  • Hawton et al. (2003) Deliberate self-harm in adolescents. In. Journal of Child Psychology and Psychiatry and Allied Disciplines, 44, 1191-8